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Und wann bekommst du ein Geschwisterchen?

Als Emma ungefähr 1,5 Jahre alt war, da fing es plötzlich an. Immer mal wieder wurde sie oder auch ich gefragt, wann sie denn mal einen kleinen Bruder oder eine kleine Schwester bekommen würde. Während mich die Fragen anfangs noch ziemlich kalt gelassen haben und ich locker mit einem „Mal schauen“ antworten konnte, bin ich mittlerweile ganz schön genervt, wenn ich mit diesem Satz konfrontiert werde. Vielen ist leider nicht bewusst, dass eine solch banal klingende Frage, dem Gegenüber richtig weh tun kann. Und das hat direkt mehrere Gründe.

Wenn der Körper nicht mitspielt

Als ich 22 Jahre alt war, wurde bei mir PCO festgestellt. Ich habe damals ziemlich direkt ins Gesicht gesagt bekommen, dass ich auf natürlichem Weg nicht schwanger werden kann. Glaubt mir, sowas hört keine Frau gerne. Ich habe eine lange Behandlung in einer Kinderwunsch-Klinik hinter mir, habe mir monatelang selber Spritzen setzen müssen und starke Hormone genommen. Schwanger geworden bin ich in dieser Zeit jedoch nicht. Emma ist tatsächlich ganz spontan entstanden, was für mich immer noch ein kleines Wunder ist. Doch nur, weil es einmal geklappt hat, heißt es noch lange nicht, dass es wieder klappen wird. Seit ich vor einigen Monaten abgestillt habe, ist mein Hormonhaushalt ziemlich durcheinander und nichts läuft so, wie es laufen sollte. In ein paar Tagen habe ich einen Termin, bei dem besprochen wird, welche Medikamente oder Hormone in meiner Situation hilfreich sein könnten, denn auch wenn man nicht schwanger werden möchte, sind Störungen im Hormonhaushalt keine witzige Angelegenheit.

Wenn man auf den richtigen Zeitpunkt wartet

Vor ein paar Wochen habe ich das Thema „zweites Kind“ schon mal in Kombination mit meiner Hochsensibilität auf dem Blog angesprochen. Die Frage, ob jetzt tatsächlich der geeignete Zeitpunkt ist, wieder schwanger zu werden, stellt sich mir immer wieder. Es gibt einige Gründe, die dagegen sprechen, wie z.B. meine noch nicht beendete Ausbildung, meine körperlichen Beschwerden oder auch mein Bedürfnis nach Ruhe. Und auch die finanzielle Situation sucht sich immer wieder einen Platz in meinen Gedanken. Ich weiß, dass es diesen einen richtigen Zeitpunkt nicht gibt, doch es gibt sehr wohl Zeiten, in denen es besser passt als zu anderen Zeiten. Und das entscheidet nicht alleine das Alter des erstgeborenen Kindes.

Wenn man sich unter Druck gesetzt fühlt

Ja, die Fragen nach einem zweiten Kind tun mir nicht nur oft weh, sondern setzen mich teilweise auch unter Druck. Aussagen wie „Kinder sollten keinen größeren Altersunterschied als 3 Jahre haben“ oder „Die Kinder können dann doch gar nichts miteinander anfangen“ oder auch „Dann fängst du doch wieder komplett von vorne an – willst du das wirklich?“ bis hin zu „Du wirst aber auch nicht jünger!“ hinterlassen ihre Spuren bei mir. Normalerweise kann ich mich von solchen Dingen gut distanzieren, doch da ich bei diesem speziellen Thema so emotional bin, treffen mich solche Aussagen manchmal doch mehr als gedacht.

Wenn das Verständnis fehlt

Schon in meiner ersten Schwangerschaft habe ich gemerkt, dass viele kein Verständnis dafür haben, wenn eine Schwangerschaft unüblich verläuft und es der Schwangeren alles andere als gut geht. Selbst mir nahstehende Personen hatten kein Verständnis dafür, dass ich ins Krankenhaus musste und im Anschluss wochenlange Bettruhe einhalten musste. Ihnen fehlte das Verständnis für die Tatsache, dass meine Ärzte mir gesagt haben, dass ich in den letzten Wochen vor dem errechneten Termin, in denen ich das Bett wieder verlassen durfte, immer bei uns in der Umgebung bleiben sollte um bei Veränderungen direkt ins Uniklinikum fahren zu können. Und sie hatten auch kein Verständnis dafür, dass Familienfeiern oder ähnliche Situationen, unterste Priorität hatten. Nach Emmas Geburt haben einige erwartet, dass unser Leben nun wieder „ganz normal“ ablaufen müsste – ein Baby verändert ja immerhin nicht das Leben! Von meinen und unseren Schwierigkeiten (Ohnmachtsanfall, Wochenbettdepression, Schreikind u.ä.) wollte eigentlich niemand etwas wissen. Stattdessen wurde mir immer wieder das Gefühl gegeben, dass ich mich anstellen würde und übertreiben würde. Und je älter Emma wurde, desto mehr verschwand auch die kleinste Menge an Verständnis. Es ist einfach anstrengend, wenn man sich immer wieder rechtfertigen muss. Wenn wir uns dafür rechtfertigen müssen, warum wir mit Emma nicht in ein Restaurant wollen. Oder warum wir mit Emma nur ungern längere Strecken fahren. Oder warum uns Emmas Bedürfnisse und Rhythmus wichtiger sind als das, was andere von uns erwarten.
Die Vorstellung, wie sich diese Situation mit einer zweiten Schwangerschaft bzw. einem zweiten Kind noch verstärken könnte, lässt mich manchmal richtig zusammenzucken.


Ich wünsche mir noch ein oder zwei Kinder und mein Herz platzt schon alleine bei dem Gedanken, Emma mit einem Geschwisterchen zusammen zu sehen. Und auch Emma hat schon ein paar Mal davon gesprochen, dass sie ein „Schwesterbruder“ haben möchte. Ich möchte mich jedoch (auch wenn es manchmal passiert) von niemandem unter Druck setzen lassen. Vielleicht werden zwischen Emma und ihrem potentiellen Geschwisterkind 5 Jahre Altersunterschied liegen, vielleicht aber auch nur 3 Jahre. Vielleicht werden wir auf noch mehr Unverständnis stoßen, wenn wir auch beim nächsten Kind auf unsere Herzen statt auf die Meinung der anderen hören. Vielleicht wird sich unser Leben durch ein weiteres Kind nur ein bisschen ändern, vielleicht wirbelt es unser Leben aber auch einmal kräftig durch. Vielleicht kommt der Moment, der sich einfach richtig anfühlt, vielleicht endet es aber auch wieder in einem Meer aus Tabletten und Spritzen.
Und so lange kann ich auf die Frage, wann Emma denn endlich ein Geschwisterchen bekommt, lediglich mit „Jetzt noch nicht, aber sie hat vor kurzem eine Puppe bekommen“ antworten.

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6 Comments

  • Reply
    Sarah
    1. Juni 2017 at 13:10

    Liebe Ann-Kathrin,

    lass dich wirklich nicht unter Druck setzen. Höre auf dein Gefühl und dann kommt die Schwangerschaft bestimmt genau dann, wenn es sein soll 😉 Ich finde solche Fragen auch total nutzlos und übergriffig. Man fragt andere Leute ja auch nicht, wann sie denn endlich mal ein Haus bauen wollen, sich einen Neuwagen zulegen möchten oder endlich mal einen marathon laufen möchten. Nur bei Kindern nimmt sich jeder das Recht heraus, private Fragen zu stellen.

    Ich wünsche dir alles Gute 😘

    • Ann-Kathrin
      Reply
      Ann-Kathrin
      1. Juni 2017 at 17:21

      Liebe Sarah, vielen Dank für deinen Zuspruch. An manchen Tagen lassen mich diese Fragen total kalt, doch wenn ich gerade eh schon einen „schlechten“ Tag habe oder gerade sehr emotional bin, dann treffen sie mich doch sehr und ich würde am liebsten laut schreien „Nicht jeder kann einfach mal eben so schwanger werden“. Aber wie du es sagst, es wird dann klappen, wenn es klappen soll.
      Liebe Grüße

  • Reply
    Lara
    1. Juni 2017 at 21:31

    Ich glaube oft wird die Frage nach einem Geschwisterchen auch einfach gestellt, weil „man es halt so macht“. Was natürlich keine Entschuldigung ist. Vielen ist gar nicht bewusst, was hinter der Frage alles stecken kann und wie das Gegenüber diese empfindet.

    Die Antwort mit der Puppe oder generell eine Standard Antwort ist vielleicht eine gute Möglichkeit und einfach das Thema wechseln.

    Liebe Grüße,
    Lara

  • Reply
    Antonia
    1. Juni 2017 at 22:48

    Liebe Ann-Kathrin,

    Deinen Beitrag kann ich in vielen Punkten gut nachvollziehen. Auch ich leide am PCO Syndrom (allerdings war ein Weg zum Baby „ein Witz“ im vergleich zu deinem, auch wenn das eigene leid immer das intensivste und größte ist) und mich nerven auch diese Fragen nach einem Geschwisterchen. Ich habe irgendwann gerufen „sind wir etwa nicht genug?!!“ Weil es nur noch gestresst hat. Seither – und seit meinem blogpost vor einiger Zeit – kommt nichts dergleichen mehr. Kinderplanung ist privat und geht nur die Eltern etwas an, außer sie möchten dies teilen.
    Auch das Verständnis, das wir wenig mit unserem Baby Auto fahren wollten, lange Strecken und lange Besuche vermieden haben oder Besuch nach zwei Stunden gebeten haben zu gehen, weil es genug für unsere Tochter war – all das mussten wir uns erarbeiten und wird mittlerweile zum Großteil stumm an genommen.

    Ich wünsche dir von Herzen, dass wenn es soweit ist du auf mehr Verständnis und viel Unterstützung bauen kannst. Dass es dir dann besser ergeht, das es „leichter“ wird schwanger zu werden und zu sein!

    Ich wünsche dir alles Liebe,
    Antonia
    https://tandaradei.blog

  • Reply
    Tina
    7. Juni 2017 at 14:19

    Ich verstehe auch so oft nicht, wie wenig Empathie Familie und Freunde zeigen.

    Macht euer Ding und sucht nach Gleichgesinnten. Das ist leichter gesagt als getan, aber jeder Gleichgesinnte ist eine größere Bereicherung und Entlastung als ein ganzer Haufen anderer. <3

  • Reply
    Jana
    11. Juni 2017 at 21:11

    Liebe Ann-Kathrin,
    ich kenne diese Fragen nur zur Genüge und sie haben mich immer gequält, bis ich eines Tages „die richtige Antwort“ gab, von da an hatte ich Ruhe:
    „Bestellt ist es schon, aber die scheinen im Himmel irgendwie Lieferschwierigkeiten zu haben.“
    Es gab ein betretenes Schweigen (ich war wieder einmal in großer Runde auf einem Geburtstag gefragt worden und fühlte mich in die Enge getrieben.) und danach wurde ich (von den dort anwesenden) nie wieder gefragt.
    Ich glaube, es war klar geworden, dass eine Grenze übertreten war, dass es niemanden etwas anging, dass es einfach sehr privat war.
    Herzliebe Grüße
    Jana

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